Monthly Archives: July 2008

Banaue

Zurück zum Backpacker-Leben
In der Hoffnung, dass wir am Abend im Nachtbus nach Banaue besser schlafen können, sind wir bereits recht früh auf den Beinen. Wie immer in Manila nutzen wir die Dachterrasse sowie das gratis Wifi und surfen wie wild durch das WorldWideWeb. Bereits zum vierten Mal sind wir nun im Friendly’s Guesthouse in Manila abgestiegen. Wie ihr alle wisst, nicht ganz freiwillig… Wir haben festgestellt, dass es tatsächlich Leute gibt, die über Wochen in solchen Backpacker-Quartieren abhängen und sich ausschliesslich mit im Aufenthaltsraum in die Glotze starren und Gratis-Kaffee trinken beschäftigen. Weiter gibt es auch die so genannten Dauermieter. Statt in einer eigenen Bude zu hausen, haben sich diese hier wohnlich niedergelassen. Wir sind uns nicht ganz schlüssig, welche der beiden Kategorien bei dieser doch eher eigenartigen Lebensweise schneller an einer vollständigen Verblödung erliegt. Einige scheinen jedenfalls verdammt nahe dran zu sein… Eine nette Geste des Guesthouse-Besitzers sind die Wein- und Käsepartys, die er jeden Samstag Abend für seine Gäste veranstaltet. Da unser Bus erst um zehn Uhr abfährt, kommen wir dieses Mal auch in den Genuss des kleinen, aber feinen Buffets. Nach zwei Gläsern Wein suchen wir uns schliesslich ein Taxi, das uns an eines der unzähligen Busterminals in Manila bringt. Beim Terminal müssen wir feststellen, dass die Nachtbusse weit weniger komfortabel sind als im Vietnam. Die Klapperkiste hat schon einige Jährchen auf dem Buckel und die Bestuhlung ist à la Flugzeug – also nix mit Sleepingbus. Da der Bus praktisch leer ist, können wir uns immerhin je auf einer Sitzreihe ausbreiten und so doch einige Stunden so etwas ähnliches wie schlafen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so lange in der Embriostellung ausharren und mich gleichzeitig im Halb-Schlaf auch noch mit den Füssen für die abrupten Bremsmanöver festhalten kann. Nach neun Stunden ist die Fahrt überstanden und wir kommen in der Bergregion von Banaue an. Da im Moment nicht viele Touristen unterwegs sind, können wir unser Zimmer nach einem Kaffee gleich beziehen und kommen so doch noch zu etwas Schaf.

Die Reisterrassen von Banaue
Drei Stunden später sind wir wieder auf den Beinen und parat, um Banaue und die nähere Umgebung zu entdecken. Die ganze Region ist bekannt für die eindrücklichen Reisterrassen, die hier vor über 2000 Jahren und nur aus Lehm gebaut wurden. Die Landschaft ist derart spektakulär, dass sie oft auch als 8. Weltwunder betitelt wird. Kein Wunder, dass auch die Unesco die Region besonders beachtenswert findet und diese entsprechend zum Weltkulturerbe erklärt hat. Zu Fuss machen wir uns auf durch die Reisterrassen zum Hauptaussichtspunkt. Die Felder sind ein wahres Labyrinth und wir nach zwei Stunden immer noch meilenweit von unserem Ziel entfernt. Irgendwann geben wir schliesslich auf und kehren um. Im Dorf schnappen wir uns stattdessen ein Trycycle – eine Art Töff mit Seitenwagen – und lassen uns zu unserem ursprünglichen Ziel fahren. Den restlichen Tag gönnen wir uns noch etwas Ruhe, denn ab morgen wartet ein zweitägiges Trekking auf uns. Wir haben uns spontan mit ein paar anderen Touristen zusammengetan, die wir im Nachtbus und im Guesthouse getroffen haben. Nun wird sich also herausstellen, wie es wirklich um unsere Fitness steht.

Rice Terraces, Banaue

Eine Reisterrasse gehört übrigens immer einer bestimmten Familie und wird von Generation zu Generation weiter vererbt. Die Männer sind für die Bereitstellung der Felder zuständig, während die Frauen sich um die Saat kümmern. Ist der Reis bereit zum Ernten hilft mehr oder weniger das ganze Dorf mit. Kann jemand keine Hand bieten, bezahlt man die fehlende Hilfeleistung in Form von Reis an die Familie. Nach der erfolgreichen Ernte wechselt die ganze Truppe unabhängig der Tageszeit in den Reiswein. So hören wir die Bauern in einem Dorf schon um neun Uhr morgens fröhliche Lieder singen. In einem anderen Dorf liegen sie bereits um drei Uhr nachmittags schlafend am Strassenrand. Der Ertrag der Ernte ist übrigens zu klein, um damit gross Handel zu betreiben und wird somit ausschliesslich zur Ernährung der eigenen Familie gebraucht.

Ein Opfertier
Um sieben Uhr früh treffen wir uns mit drei Kanadierinnen, einem Franzosen, einem Deutschen, einem Walliser (dem ersten Schweizer seit ca. vier Monaten) und unserem Guide. Mit dem Jeepney geht es zum Ausgangspunkt unseres Trekkings. Odi nutzt die Gelegenheit und macht es sich wieder einmal auf dem Dach bequem. In der ersten Stunde der Wanderung gewinnen wir zügig an Höhe und bald können wir einen ersten Ausblick auf Reisfelder an den Berghängen geniessen. Bis zum Mittagessen geht es ganz nach unserem Geschmack weiter – leichtes und ebenes Terrain. In einem kleinen Bergdorf kocht uns unser Guide eine stärkende Mahlzeit. Dies ist auch dringend notwendig, den der Nachmittag wird ganz schön anstrengend. Steile Anstiege und steile Abstiege wechseln sich immer wieder ab. Eigentlich sind die Temperaturen in dieser Höhe sehr angenehm und trotzdem sind wir alle tropfnass vom ewigen auf und ab. Das Wandern hier hat nichts mit nett markierten sowie schön präparierten Schweizer Wanderwegen zu tun und ist nur bedingt geeignet für nicht ganz schwindelfreie Personen. Auf einer Seite geht es immer steil in das nächste Reisfeld oder den Abhang hinunter. Wir müssen alle höllisch aufpassen, dass wir auf dem Weg bleiben und nicht ausrutschen. Ziemlich erledigt erreichen wir nach sieben Stunden unser Tagesziel, Batad. Dass die Strapazen sich gelohnt haben, zeigt sich sofort. Das Dorf ist eingebettet in ein Amphitheater aus Reisfeldern – was für ein Anblick! Kurz nach unserer Ankunft beim Guesthouse opfert der Hausherr für uns ein Huhn. Dass es auf den letzten paar Kilometern nur ein paar Tropfen anstatt richtig geregnet hat, sei ein schlechtes Omen. Und so verliert das Huhn, das bei unserer Ankunft am schnellsten vor uns geflüchtet ist, kurzerhand sein Leben (eine detaillierte Beschreibung ist nur auf Anfrage erhältlich). Glücklicherweise versprechen die Innereien des Tieres nur Gutes und wir werden laut Hausherr künftig auf all unseren Reise durch die Philippinen von jeglichem Bösen sicher sein. Na dann haben wir ja nochmals Schwein gehabt… :-).

Schlangenattacke
Am Morgen bleiben wir in Batad und wandern zu einem Wasserfall. Alle ausser Odi und ich kühlen sich im natürlichen Pool ab. Wir zwei haben irgendwie immer noch genug Schwimmhäute von unserem Tauchabenteuer in Palau und verzichten gerne auf das kalte Nass. Da das Knie von Odi sich nach dem anstrengenden Tag von gestern wieder einmal gemeldet hat, machen wir zwei uns bald wieder an den Aufstieg. In einer steilen Treppenkurve fliegt mir auf einmal etwas am Kopf vorbei. Was ich für einen Ast halte, macht sich ein paar Meter weiter unten schlängelnd aus dem Staub. Upps, Schwein gehabt – also doch gut haben wir das Huhn geopfert! Nach dem Mittagessen beim Guesthouse nehmen wir den letzten Teil unserer Wanderung in Angriff. Als wir an der Strasse auf unseren Jeepney stossen, sind wir alle ziemlich froh, dass es nun im Auto weiter geht. Doch unser Guide hat zum Abschluss noch eine nette Überraschung für uns parat. Wir stoppen nochmals bei einem Dorf, um uns einen Reisgott anzuschauen. Obwohl keiner von uns grosse (überhaupt keine) Lust hat nochmals eine Stunde zu latschen, bleibt uns wohl oder übel nichts anders übrig. Als Supplement werden wir vier Girls schliesslich auch noch in traditionelle Gewänder verpackt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie diese Tücher je nochmals an andere Touristen verkaufen können – vielleicht hätten sie mich besser erst nach der Dusche in das Zeugs gesteckt. Kaum sind wir wieder beim Jeepney fängt es sintflutartig an zu regnen. Ob dafür das Opfertier oder der Reisgott verantwortlich ist? Bevor sich die ganze Truppe wieder in alle Himmelsrichtungen verabschiedet, verabreden wir uns in Banaue für ein Abendessen. Obwohl wir uns vorher nicht gekannt haben, waren die zwei letzten Tage einfach super lustig!

Jeepney fahren
Mit dem Jeepney fahren wir heute ein Stück weiter auf unserer Route in Nord Luzon. Unvorstellbar aber wahr: die Strassen sind tatsächlich in einem schlimmeren Zustand als in Flores, Indonesien. Bei uns würden solchen Strassen aufgrund diverser Bergrutsche und anderen Hindernissen sofort als unpassierbar erklärt. Aber hier findet der Fahrer immer irgend einen Weg zwischen all dem Geröll und den Schlaglöchern. Unterwegs steigen immer wieder Leute zu und bald sitzen wir zusammengepfercht zwischen den Filippinos, ein paar Touris sowie Hühnern und Gänsen im Auto. In Bontoc müssen wir Jeepney wechseln. Selbstverständlich gibt es keinen verlässlichen Fahrplan und wir warten fast zwei Stunden bis es weiter geht. Uns soll’s recht sein, denn da keiner von uns heute mehr als 100 Meter laufen kann resp. will, haben wir für den Nachmittag eh nichts geplant. Sagada ist ein ebenso ruhiges, relaxtes und kühles Bergdorf wie Banaue. Wir müssen sogar einen Langarmpulli anziehen! Mit Leim startet Odi heute schliesslich noch einen verzweifelten Versuch seine Turnschuhe, die sich langsam aber sicher in Einzelteile zerlegen, zu retten. Zu meiner Freude wird die Übung wohl eher damit enden, dass er in unserer Schuhrangliste wieder um ein Paar in Front rückt. Im Moment steht noch 5:5!

Hängende Gräber
Laut unserer Reisebibel ist es ratsam, die Sehenswürdigkeiten von Sagada mit einem lokalen Guide zu besichtigen. Da diese derart gut versteckt sind, seien sie alleine kaum zu finden. Wir lassen uns ohne lange zu überlegen von diesem Rat überzeugen und mieten uns für einen halben Tag einen Führer. In Sagada gibt es nichts einfacheres als das – über die Touristeninformation bekommt man ohne Verhandlungen zu einem festgelegten und nicht verhandelbaren Fixpreis im Nu den gewünschten Begleiter. Wenn es nur überall so einfach wäre… Schon nach wenigen Minuten stellen wir fest, dass der „alleinige Planet“ wieder einmal Recht hat. Im Echo Valley wandern wir auf kleinen, kaum auszumachenden Pfaden zu den berühmten Särgen an den Felswänden. Ohne Guide hätten wir diese definitiv nie gefunden. Die Verstorbenen der Naturvölker bekommen so seit Jahrhunderten ihre letzte Ruhestätte. Auch heute werden die sterblichen Überreste der Menschen mit mehrheitlich animalischem Glauben teilweise noch gleich aufbewahrt. Eigentlich wollten wir auf unserem Rundgang weder nass noch dreckig werden und haben deshalb auch keinen Höhlenbesuch gebucht. Doch erstens kommt es anderes und zweitens als man denkt… Die Trampelpfade sind ganz schön sumpfig und über den Fluss, den wir zweimal überqueren müssen, gibt es auch keinen anderen Weg als mitten durch das kühle Nass. Ja nu, Augen zu und durch! Via einem Aussichtspunkt mit ein paar weiteren Reisterrassen trotten wir zur letzten Höhle, wo die meisten Särgen an den Wänden aufgestapelt sind. Die Leute werden übrigens auf diese Art beerdigt, damit sie auch nach ihrem Tod möglichst eins mit der Natur sind. Kaum haben wir unsere Tour beendet, fängt es wieder einmal an zu regnen und wir verziehen uns für den Rest des Tages mit einem guten Buch in unser trockenes Zimmer. Das einzige was fehlt, ist die Zentralheizung. Brrrr, es ist wirklich saukalt in den Bergen der Philippinen!

Baguio oder auch Bogor Nr. 2
Heute steht uns wieder einmal eine abenteuerliche Busfahrt bevor. Auf dem Halsema Highway fahren wir rund 150 Kilometer in den Süden. Von der Bezeichnung „Highway“ sollte man sich nicht täuschen lassen. Die erste Hälfte der Strecke ist eher ein Feldweg kombiniert mit einer Dauerbaustelle, Geröll und viel Schlamm. Man tut gut daran, wenn man nicht zu oft aus dem Fenster blickt, es sei denn man vertraut dem Fahrer wirklich blind. In der zweiten Hälfte ist die Strasse zum Glück um einiges besser und wir passieren den höchsten Punkt des ganzen philippinischen Highwaysystems auf 2225 M. ü. M im tiefsten Nebel. Die einheimischen Touristen sind verzaubert von dem weissen und kühlen Nichts und schiessen ein Foto nach dem anderen. Positiv sollte erwähnt werden, dass man von Zeit zu Zeit in den Genuss einer Pinkelpause kommt. Beim Anblick der Toiletten fühle ich mich schon ein bisschen wie in China. Türen gibt es keine und so mache ich Füdli an Füdli mit meinen Mitreisenden mein Geschäft. Nach sechs Stunden Fahrt nähern wir uns langsam aber sicher unserem Ziel, Baguio. Eine ganze Stunde brauchen wir schliesslich noch durch das Verkehrschaos vom Stadteingang zum Busterminal. Wir sind uns einig, dass wir die philippinische Version des indonesischen Bogors hiermit gefunden haben. Nadine und Mätthu, wir erbitten dringend eure physische Unterstützung! Für einmal sind wir uns nicht ganz einig, wo wir absteigen wollen. Während ich die im Reiseführer beschriebenen Hotels der Mittelklasse vorziehe, will Odi die Budgetversionen nicht unangeschaut streichen. Und so steigen wir schliesslich gleich im ersten Guesthouse ab. Was auf den ersten Blick ganz ordentlich aussieht, entpuppt sich als wahre Absteige inklusive der ersten Kakerlaken nach nur gerade fünf Minuten. Pech gehabt, liebes Tierchen, Odi’s Crocks entkommt definitiv keiner! Was solls, wenigstens haben wir Kabel-TV… und wahrscheinlich noch viele versteckte Kakerlaken.