Short cut zu den Bildern
Höchstgeschwindigkeit 431 km/h!
Bereits um fünf Uhr holt uns der Wecker aus unseren Träumen. Müde kämpfen wir uns aus dem Bett und machen uns auf den Weg an den Flughafen. Auch für den Flughafenbus gilt die Taktik „Fahren, wenn voll“ und wir sind froh, dass wir einige Minuten vor der offiziellen Abfahrtszeit bei der Haltestelle aufkreuzen. Nach zwei Stunden Flug wartet in Shanghai das Highlight des Tages auf uns: der Maglev Train. Mit unglaublichen 431 km/h fahren wir in nur gerade acht Minuten die über 30 Kilometer lange Strecke in die Stadt! Man hat den Eindruck, dass die Autos auf der Autobahn im Vergleich dazu rückwärts fahren. Wirklich unglaublich! Mit der Metro nehmen wir das letzte Stück bis zum Hotel in Angriff. Dort angekommen, erwartet uns eine Überraschung. Da wir bei einer nationalen Hotelkette gebucht haben, die in jeder Stadt mehrere Hotels beheimatet, sind wir prompt am falschen Ort gelandet. Zähneknirschend studieren wir die Stadtkarte und müssen feststellen, dass unser Hotel irgendwo am Stadtrand weit ab von allem liegt. Ja nu, Pech gehabt! Wir ersparen uns die erneute Suche und leisten uns stattdessen ein Taxi, das uns an den südlichen Stadtrand bringt. Im Hotel werden wir empfangen, als wären wir die ersten Touristen seit mindestens zehn Jahren. Auch sonst ist die Unterkunft mehr als okay und die nächste Metrostation ist zum Glück nur fünf Minuten entfernt. Nachdem sich der Ärger über die falsche Hotelbuchung gelegt hat, widmen wir uns dem nächsten Projekt. Es gilt die Weiterfahrt in Richtung Peking zu organisieren und einen entsprechenden Zug zu finden. Am ersten Schalter können wir uns nur in Zeichensprache verständigen. Da wir unsere Zweifel haben, ob wir dann auch wirklich am richtigen Ort landen, versuchen wir es lieber noch an einem zweiten Ort. Und oh Glück, die Dame spricht Englisch und innerhalb von zwei Minuten haben wir unsere Plätze reserviert. Die Dame ist sogar derart flink, dass wir fast ein bisschen überfordert sind und als Folge zwei Plätze in der 1. Klasse buchen. Glücklicherweise ist der Unterschied mit zehn Franken pro Person nicht immens… Da der Abend noch jung ist, wollen wir noch einen Blick auf die Skyline zu werfen. Durch Quartierstrassen mit uralten Häusern spazieren wir dem „Bund“ entgegen. Leider sind wir nicht ganz die einzigen, die von der Riverfront ein Foto schiessen wollen und das Gerangel um einen guten Platz ist entsprechend gross. Wir sind uns einig, dass die Skyline von Shanghai mit der Skyline von Hong Kong nicht mithalten kann. Doch verstecken muss sich auch Shanghai nicht.
Oldtown & Financialdistrict
Den heutigen Tag beginnen wir in der Altstadt von Shanghai. Wie meist sind wir vor allem an den Strassen interessiert, in die es Touristen selten zieht. Wir müssen nicht lange suchen und erhalten bald den gewünschten Einblick in den doch eher chaotischen Alltag der hier lebenden Shanghaier.
Ein paar Kilometer weiter stossen wir auf die für Touristen präparierte Altstadt. Gegensätzlicher könnten die beiden Quartiere kaum sein. Ein Souvenirladen nach dem anderen reiht sich in kitschig renovierten Häusern aneinander. Da wir nicht wirklich in Shoppinglaune sind, verziehen wir uns bald wieder in die Hintergassen und geniessen stattdessen eine der besten (wenn auch teuersten…) Nudelsuppen der ganzen bisherigen Reise. Ob das an den von Hand geschwungen Nudeln (ein eindrückliches Schauspiel) liegt, können wir mit unseren aktuell doch eher bescheidenen Kochkünsten nicht abschliessend beurteilen… Am „Bund“ angekommen, beschliessen wir aufgrund der vielen Baustellen die Flussseite zu wechseln. Begleitet von einer schrecklichen Neonlicht-Show fahren wir in der Touristenunterführung in den Financialdistrict. Zu Odi’s Freude befindet sich unter den vielen Wolkenkratzer auch das höchste Gebäude von China. Welches nun aber effektiv der gesuchte Jinmao Tower ist, klärt sich erst auf, als wir zwischen dem alten höchsten Gebäude, dem Jinmao Tower, und dem neuen höchsten Gebäude, dem SWFC Tower (Eröffnung übermorgen), stehen. Für heute bleibt uns also somit wie geplant die Besteigung des Jinmao Towers. Und was wir übermorgen machen, sollte spätestens jetzt auch allen klar sein…
Suzhou
Heute steht ein Tagesausflug nach Suzhou auf unserem Programm. Die Stadt ist bekannt für seine uralten chinesische Gärten, die zum Weltkulturerbe gehören. Doch zuerst müssen wir den richtigen Zug dorthin finden. Heute happert es jedoch bereits beim Finden des Bahnhofes… Da wir an der Metrostation am Bahnhof einfach mal drauflos latschen, erwischen wir glatt den Ausgang auf der Rückseite des Bahnhofes. Was in unseren Breitengraden kein Problem ist – schliesslich gibt es ja überall Eingänge – entpuppt sich hier als echte Herausforderung. Schlussendlich laufen wir einen 30-minütigen Umweg über unzählige Strassenverzweigungen und Baustellen, um doch noch irgendwie auf die Vorderseite des Bahnhofes zu gelangen. Grrrr…, Shanghai ist wirklich alles andere als Fussgängerfreundlich! Zur Entschädigung schaffen wir es dafür auf Anhieb ein Ticket zu lösen und finden ebenfalls im ersten Versuch den richtigen Zug in absoluter Rekordzeit. Da da die Sitzplätze bereits alle ausverkauft waren und wir nur noch ein Stehplatzticket in der 1. Klasse kaufen konnten, machen wir es uns im Gang so bequem. Mit 200 km/h brausen wir in einem top modernen Zug pünktlich Suzhou entgegen. So einfach haben wir uns das Zugfahren in China nun wirklich nicht vorgestellt. In Suzhou werden wir von nass grauem Wetter empfangen. Trotz Regen besuchen wir drei der insgesamt sechs berühmten Gärten. Als wir genug Fotos im Kasten haben und genug nass sind, machen wir uns wieder auf den Rückweg zum Bahnhof. Da das Zugfahren heute morgen fast zu einfach war, beschliessen wir beim Busterminal spontan uns auf der Rückfahrt dem Busfahren zu stellen. Auch dies könnte einfacher nicht sein und einige Minuten später sitzen wir im richtigen Bus nach Shanghai. Was sich unserer Logik allerdings entzieht, ist die Tatsache, dass die Busfahrt vier Mal länger dauert und 50 Rappen mehr kostet…
Die ersten Schweizer auf dem SWFC
Am Morgen widme ich mich der Tatsache, dass sich unsere Reise langsam aber sicher dem Ende entgegen neigt und schreibe die erste Bewerbung. Als auch noch alle Mails beantwortet, der neuste Klatsch im Facebook studiert sowie die nächste Tauchdestination ausgesucht ist, verlassen wir das Hotel in Richtung SWFC Tower. Ihr werdet es kaum glauben, aber Odi steht tatsächlich fast zwei Stunden Schlange, um die neue Nummer zwei der Welt in Sachen Wolkenkratzer, von uns auf den Namen „Flaschenöffner“ getauft, am Eröffnungstag besteigen zu können! Mit der Einbildung, dass wir ganz bestimmt die ersten Schweizer hier oben sind, stehen wir irgendwann im höchstes Observatorium der Welt und geniessen aus 474 Meter den doch recht smogigen Ausblick auf die Stadt. Nach einem kurzen Abstecher zum People’s Square drängeln wir uns einmal mehr in die aus allen Nähten platzende Metro. Bis jetzt haben wir noch keine Metrofahrt erlebt, in der wir uns nicht wie in der Rushhour gefühlt haben. Hier geht es zu jeder Tages- und Nachtzeit zu und her wie bei uns an einem nationalen Grossanlass im Wankdorf. Wir sind vor allem fasziniert vom andauernden Kampf um die Sitzplätze. Die Mehrheit der Passagier wirft sich buchstäblich auf die frei werdenden Plätze. Kollisionen und lautes Geschrei sind folgerichtig keine Seltenheit und wahrscheinlich ist es das Highlight des Tages, wenn man zur Abwechslung einmal sitzend durch die Stadt fahren kann. Auch beim Ein- und Aussteigen gibt es kein System. Man steigt grundsätzlich gleichzeitig aus und ein. Für uns ist fast es ein Wunder, dass trotzdem alles wunderbar zu funktionieren scheint.
Andere Länder, andere Sitten
Was machen die Einwohner in weltweit jeder Stadt an einem verregneten Sonntag? Genau, sie schnappen sich den Schirm, spazieren um doch noch etwas frische Luft zu schnappen durch das Quartier und verbringen den Rest des Tages in der trockenen Stube. Unsere Stadt ist immer noch Shanghai, unsere Quartiere heissen „French Concession“ und „Oldtown“ und unsere Stube ist das Hotelzimmer.
Da es vom heutigen Tag nicht viel mehr zu berichten gibt, nachfolgend eine Rangliste zum Thema „Andere Länder, andere Sitten“ oder „Chinesisches Verhalten auf Kollisionskurs mit westlichem Anstandsdenken“:
- „A Bode chodere“ – Dies kann selbstverständlich überall und jederzeit erledigt werden. Also auch in der Metro, im Einkaufszentrum, in öffentlichen Gebäuden, im Lift, usw.
- „Überau häre pisse“ – Es ist grundsätzlich zu viel verlangt einige Meter zu marschieren, um eine öffentliche Toilette (die sind in China recht häufig anzutreffen) oder einen nahen Busch aufzusuchen. Nicht nur die Kinder erledigen ihr Geschäft dort wo es gerade am einfachsten geht.
- „Uf d’Strass sch…ä“ – Ja, auch dies haben wir gesehen!
- „Gredi use niese“ – Achtung Dusche! Keiner hält sich hier die Hand vor den Mund.
- „Ufe Bode schnüze“ – Taschentücher sind hier ein Luxusprodukt, darum wird die Nase ohne Taschentuch direkt auf die Strasse entleert. Komisch ist nur, dass es als unanständig gilt sich am Tisch die Nase zu putzen.
- „Überau häre chotze“ – Irgendwie wird es den Chinesen ziemlich oft und überall schlecht.
- „Aus a Bode gheie“ – Obwohl überall Abfalleimer stehen, wird alles direkt auf den Boden entsorgt. Zum Glück gibt es ganz viele fleissige Heinzelmännchen, die wenigstens für ein bisschen Ordnung sorgen.
- „Grüschvou gredi use furze“ – Na ja, an der frischen Luft ist dies ja noch ganz in Ordnung, aber sonst…
- „Lut use gorbse“ – Gehört hier zu jedem guten Essen dazu.
- „Schmatze was es ma häbe“ – Chinesisches Essen schmeckt nur mit dem passenden Unterton. Odi praktiziert dies mittlerweile auch schon ausgiebig.
Pleiten, Pech und zum Glück keine Pannen
Beim Auschecken im Hotel verbraten wir heute morgen als erstes 30 Minuten mit unnötigen Diskussionen. Das Personal hat noch nie davon gehört, dass man ihr Hotel im Internet buchen kann und entsprechend weiss auch niemand, dass wir dort schon 10 % der Rechnung im voraus bezahlt haben. Obwohl wir ihnen den Voucher nochmals zeigen und im Internet die Buchungsseite erklären, beharren sie auf dem vollen Betrag. Da die Zeit bis zur Zugsabfahrt immer knapper wird, müssen wir uns nach einer halben Stunde wohl oder übel geschlagen geben und erfolglos das Feld räumen. Um unsere Nerven nicht zu fest zu schonen, bleibt die Metro auf der Fahrt an den Bahnhof prompt zwei Mal sehr lange irgendwo im Tunnel stehen. Irgendwie schaffen wir es aber dann doch bis an den Bahnhof, wo die Wagen tatsächlich ausrangiert werden. Da man in China nicht wie bei uns zwei Minuten vor Abfahrt noch in den Bahnhof springen kann (gell Stuvi), müssen wir uns aber weiter beeilen. Mindestens zwanzig Minuten vor Abfahrt hat man hier nämlich Zwecks Sicherheitskontrollen und Einsteigeprozedere am Bahnhof zu erscheinen. Irgendwie schaffen wir es innert nützlicher Frist durch das Gedränge sowie die Kontrollen und sitzen kurze Zeit später im Zug Richtung Peking. Uff, das ist ja gerade nochmals gut gegangen… In knapp sechs Stunden fahren wir in einem mit einem zum ICE vergleichbaren Zug in das 700 Kilometer entfernte Yanzhou. Kleines Detail am Rande: in der letzten Fahrtstunde zählen wir in Fahrtrichtung links nur gerade zwanzig AKW’s… Für die letzten paar Kilometer müssen wir in einen Minibus umsteigen, bevor wir Qufu, unser Tagesziel, schliesslich erreichen. Ausnahmsweise lassen wir uns heute von einem „Müeti“ anquatschen und finden so rasch und unkompliziert ein Nachtlager. Nach einem ersten Stadtrundgang, stopfen wir unsere Löcher in der Magengegend (ich esse tatsächlich zum ersten Mal seit wir in China sind Reis…) und gehen früh zu Bett.
In der Heimat von Konfuzius
Qufu ist die Heimatstadt von Konfuzius. Hier wurde der Meister geboren, hier gab er seine Weisheiten weiter und hier starb er im Alter von 78 Jahren, ohne je zu erfahren, wie berühmt er einmal weltweit sein wird. Seine Weisheiten wurden zu seinem Pech erst nach seinem Tod richtig populär. Heute ist Qufu ein kleines (schlappe 88’000 Einwohner leben hier…) verschlafenes und sympathisches Dorf, das vor allem Inlandtouristen zu den Wurzeln von Konfuzius lockt. Wir haben dank der Unesco den Weg hierhin gefunden. Neben dem Tempel von Konfuzius zählen auch die Wohnanlage und der Friedhof zur Familie der Unesco Weltkulturerbe. Nachdem wir alle drei Lokalitäten besichtigt haben, fahren mit dem Bus in die nächste Stadt, Tai’an. Aus lauter Bequemlichkeit und weil es gestern so gut geklappt hat, lassen wir uns auch heute von einem Grosi in ein Hotel bringen. Am Schluss sind alle happy: wir logieren in einem billigen Zimmer neben dem Bahnhof, das Grosi hat ein paar Yuan verdient und das Hotel hat zwei neue Gäste gewonnen. Am Bahnhof stossen wir schliesslich auch gleich auf Anhieb auf die wohl einzigen zwei englisch sprechenden Personen im Umkreis von zehn Kilometern. Jedenfalls bekommen wir ohne Probleme unsere gewünschte Fahrkarte für die Weiterfahrt nach Peking sowie alle Informationen für die morgige Besteigung des Mount Tai Schan. Als Einstimmung auf den Hausberg machen wir noch einen Spaziergang zum Dai Temple, welcher als Tor zum heiligen Berg gilt. Zum ersten Mal haben wir in China den Eindruck, dass das Preis-/Leistungsverhältnis wirklich stimmt. Für eine minimale Eintrittsgebühr bekommen wir eine tolle Tempelanlage zu Gesicht, in welcher wir eine ganze Weile verweilen bevor wir uns im Hotel physisch und psychisch auf die morgige Besteigung des Mount Tai Shan vorbereiten.
Mount Tai Shan
Wie wir bereits am Mount Hua Shan gelernt haben, kann wandern in China mit Treppensteigen gleichgesetzt werden. Auch heute erwarten uns wieder 6660 Stufen bis zum Gipfel des Mount Tai Shan. Der Hausberg von Tai’an zählt zum Weltkulturerbe und gilt gleichzeitig als heiligster taoistischer Berg in China. Ihm eilt zudem die Legende voraus, dass jeder der eigenhändig den Berg besteigt, mindestens hundert Jahre alt wird. Genug Gründe, um uns der Herausforderung zu stellen und frühmorgens los zu kraxeln. Obwohl es noch nicht allzu heiss ist, sind wir schon nach ein paar Minuten schweissnass. Unterwegs werden wir immer wieder von irgendwelchen Chinesen fotografiert. Alle scheinen sehr erfreut, dass wir die Strapazen auch in Angriff genommen haben und werfen uns immer wieder ein schüchternes „Hello“ zu. Auch ein uralter, fast blinder Mönch umarmt uns unterwegs und wünscht uns alles Gute für den Aufstieg. Dass der Typ noch zehn Mal mehr stinkt als wir, nehmen wir lächelnd zur Kenntnis…
Nach 3,5 Stunden haben wir es geschafft und den Gipfel erreicht. Die Aussicht auf dem Berg ist nicht schlecht, jedoch ist die Szenerie in keiner Weise mit dem Panorama auf dem Mount Hau Shan zu vergleichen. Nachdem wir uns alle Tempel angesehen und die Aussicht genug genossen haben, beschliessen wir wieder ins Tal zu marschieren. Odis Knie machen diesen Spass immerhin bis zur Mittelstation mit, wo wir schliesslich auf den Bus umsteigen, der uns in die Stadt bringt. Der Rest des Tages ist schnell erzählt: müde, Bett, schlafen!
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