Category Archives: Region Ostasien

Macau

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25 Stunden im Zug

Zwei Stunden vor Zugabfahrt sind wir am Westbahnhof von Beijing. Wie wir rasch feststellen, ist unser frühzeitiges Eintreffen mehr als weise, bekommen wir hier doch bereits den chinesischen Ausreisestempel in den Pass. Im Zug markieren wir als erstes unser „Revier“. Wir haben die beiden obersten (und wegen der Kletterpartie wohl auch günstigsten) Betten im 6er-Abteil Hard Sleeper reserviert. Wir sind mehr als zufrieden mit unserer Wahl, haben wir so doch genug Platz für unser Gepäck und Odi für seine Beine. Auch können wir hier oben so etwas ähnliches wie Privatsphäre geniessen. Der einzige Nachteil: die Liegen sind wirklich nur zum Liegen und nicht zum Sitzen gedacht. Die ersten Stunden gehen erstaunlich rasch vorbei und wir geniessen es einfach nur faul herum zu liegen und ein bisschen zu lesen. Zum Abendessen machen wir einen Ausflug in den Speisewagen. Die Auswahl ist erstaunlich vielfältig und das Essen schmeckt ganz gut. Punkt zehn Uhr werden schliesslich die Lichter gelöscht. Innerhalb weniger Minuten kehrt Ruhe ein und auch wir schlafen nach einigen Anfangsschwierigkeiten irgendwann ein.

Immer noch im Zug

Etwas unsanft werden wir um sieben Uhr morgens vom grellen Licht über unseren Köpfen geweckt. Im Nu ist der ganze Wagen wach und auf den Beinen. Geschäftig werden überall Nudelsuppen und andere Leckereien zubereitet. Wir bleiben lieber noch etwas liegen und begnügen uns zum Frühstück mit ein paar Crackers. Irgendwann nach über 26 Stunden fahren wir schliesslich in Hong Kong ein. Zugegebenermassen sind wir nicht ganz unglücklich, dass wir endlich an unserem Ziel sind. Wir müssen jedoch auch erwähnen, dass die Fahrt doch erstaunlich angenehm war. Nachdem wir das Gepäck im Hostel deponiert haben, machen wir eine kurze Shoppingtour. Im Vergleich zu China ist Hong Kong ein wahres Schlaraffenland. Hier gibt es (wie bei uns zu Hause…) schlicht alles was man sich wünschen kann. Unsere Gelüste entscheiden sich schliesslich für ein Flasche Rotwein und eine Ladung Sushi. Zu einem englischen TV-Kanal (endlich verstehen wir wieder einmal etwas!) lassen wir es uns den restlichen Abend so richtig gut gehen.

Schon wieder 9 Kilo weniger

Da wir Hong Kong bei unserem ersten Aufenthalt schon mehr als ausgiebig besichtigt haben, können wir den heutigen Tag ohne schlechtes Gewissen ruhig angehen. Wir wollen heute unser letztes Päckli auf den Weg in die Heimat schicken und beschäftigen uns so mehr oder weniger den ganze Morgen mit einpacken. Da es in der Schachtel noch etwas Platz hat, durchsuchen wir auch gleich noch unsere Tramper auf unnötigen Ballast. Schliesslich bringen wir wieder ganze neun Kilos zur Post! Gute Reise, liebe Souvenirs, wer ist wohl eher zu Hause? Nachdem wir in der Bibliothek auch noch die wichtigsten Dokumente für die kommenden Wochen ausgedruckt haben, verziehen wir uns wieder in das klimatisierte Zimmer. Dank einem ungeschützten WLAN eines netten Nachbarn können wir hier noch ein paar Mails beantworten und ein bisschen im Netz surfen.

Macau

Kennt jemand von euch Macau? Falls nein, dann geht es euch genau gleich wie uns bis vor ein paar Wochen. Macau liegt 65 Kilometer westlich von Hong Kong und war bis vor ein paar Jahren ebenfalls eine europäische Kolonie. Gleichzeitig mit der Rückgabe von Hong Kong an China zogen sich 1999 auch die Portugiesen aus dieser Region zurück. Heute lockt Macau die meist asiatischen Touristen vor allem aus zwei Gründen an: 1. kann man hier einen Haufen portugiesische Kolonialbauten bewundern und 2. ist Macau eine wahre Casino-Hochburg.

Macau

Ob ihr’s glaubt oder nicht, aber hier wird mehr Geld als in Las Vegas umgesetzt! Da zudem die Flüge ab Macau Richtung Thailand einen ganzen Happen günstiger sind, wollen wir eine Nacht in dieser Stadt bleiben und uns heute vor allem die Kolonialbauten ein bisschen näher ansehen. Für die Überfahrt mit der Fähre brauchen wir eine knappe Stunde. Als wir aussteigen, können wir es kaum glauben, dass hier neben Chinesisch alles auch auf Portugiesisch angeschrieben ist. Obwohl wir bekanntlich kein Wort Portugiesisch sprechen, haben wir irgendwie das Gefühl, als ob wir auf einmal dieser Sprache mächtig sind. Spätestens als wir auch noch die ersten alten Gebäude entdecken, fühlen wir uns fast wie irgendwo bei uns im südlichen Europa. Nachdem wir das Gepäck im Hotel deponiert haben, machen wir uns zu Fuss auf Entdeckungstour. Die Bauten sind wirklich toll und für Asien doch sehr aussergewöhnlich. Da das Wetter heute brutal heiss ist, müssen wir schon nach kurzer Zeit in ein Museum flüchten. Obwohl wir ja sonst nicht so auf Mueseumsbesuche stehen, entpuppt sich dieses als sehr informativ und äusserst spannend. Nachdem wir die Altstadt sowie den wichtigsten Tempel der Stadt inklusive dem teuersten und grössten Räucherstäbchen, das wir je gesehen haben (kostet nur gerade 400 Fränkli und ist ca. 2 m hoch) besichtigt haben, fahren wir mit dem Bus zu den Casinos. Nach einem kurzen Rundgang durch das Europapark ähnliche Viertel, investieren wir unser Geld lieber in ein leckeres z’Nacht. Auch nach sechs Monaten in Asien haben wir heute wieder einmal überhaupt kein Mass und bestellen Futter für eine halbe Armee. Als Folge verbringen wir den Rest des Abends vor allem liegend und einander die Ohren voll jammernd in unserem Zimmer. Das Hotel befindet sich übrigens sehr zur Freude von Odi in einer Strasse, in der schon Indiana Jones seine Abenteuer erlebt hat.

Welcome back to crazy Bangkok!

Die heutige Nacht versetzt uns zurück in die „Klimaanlage-freie-Zeit“ im Red Centre von Australien. Die Hitze im Zimmer ist derart unerträglich, dass wir praktisch kein Auge zu tun. Als wir genug im eigenen Schweiss gebadet haben und Odi sich sein Kissen nicht mehr mit einer riesigen Kackerlacke teilen will, verziehen wir uns in den erst besten klimatisierten Raum ausserhalb des Hotels. Unsere Rettung findet sich in Form eines MC Donalds. Hier versuchen wir unseren Flüssigkeitsverlust mit diversen Getränken wieder wett zu machen. Im Wissen, dass wohl auch der Flughafen über eine Klimaanlage verfügt, machen wir uns schliesslich viel zu früh auf den Weg dorthin. Bevor wir jedoch mit unseren Tramper am Rücken überhaupt in einen Bus einsteigen können, müssen wir uns fast eine Stunde gedulden. Die Busse sind derart überfüllt, dass wir uns unmöglich auch noch hinein quetschen können resp. wollen. Irgendwann am Nachmittag landen wir schliesslich in Bangkok. Dass hier in Thailand wieder ein anderer Wind weht, wird uns bereits im Taxi bewusst. Obwohl wir wie immer am offiziellen Taxistand in ein Gefährt hüpfen, ist der Taxameter manipuliert und springt von 99 gleich auf 200 Bath. Pech gehabt, lieber Taxifaher, aber auf diesen billigen Trick fallen wir nach so langer Zeit in Asien nicht mehr rein. Während Odi sich vor dem Hotel um das Gepäck kümmert und im 7-eleven rasch kleine Noten organisiert, versuche ich im Taxi Zeit zu gewinnen und dem Fahrer zu erklären was Sache ist. Wie immer in solchen Situationen verschwinden die Englischkenntnisse des Gegenüber urplötzlich im Nu. Als Odi mit Münz zurück ist, schmeissen wir ihm den richtigen Betrag hin und lassen ihn mit einem langen Gesicht zurück. Super, diese Teamarbeit! Obwohl wir nur ungefähr vier Monate nicht mehr hier waren, hat sich doch schon wieder einiges verändert. Uns fällt auf, dass das Verkehrsaufkommen drastisch nachgelassen und sich dafür die Anzahl der Strassenküchen verdoppelt hat. Da wir in der in der nächsten Zeit noch einige Abende hier verbringen werden, kehren wir heute zum Anfang in unserer Stammbeiz ein. Wie immer schmecken der Fisch und die Zutaten super gut. Auf dem kurzen Heimweg ins Hotel begegnen uns sehr zu meiner Freude zwei Elefantenbabys. Was wir bis anhin nur im TV gesehen und im Reiseführer gelesen haben, gibt es also doch in Bangkok. Welcome back to crazy Bangkok!

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Beijing

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Happy Birthday, Odi!

Heute geht unsere Reise weiter nach Beijing. Der Zug scheint schon länger unterwegs zu sein, denn als wir am Morgen um halb neun Uhr zusteigen, führt der Zug nur Schlaf- und Liegeplätze. In der Tat döst die Hälfte der Passagiere noch friedlich vor sich hin und auch wir machen es uns für die nächsten sieben Stunden auf einer der Liegen so bequem wie möglich. Dank eines guten Buches und einem Sack voller Naschereien fliegen die sieben Stunden schneller als erwartet an uns vorbei. Die Hauptprobe für unsere 25-stündige Fahrt nach Hong Kong ist damit geglückt. Zur unserer Freude finden wir heute sogar das richtige Hostel auf Anhieb… Zum z’Nacht gibt es Pizza und Bier. Auch wenn es nicht gerade wie beim Italiener schmeckt, kann ich Odi so doch wenigstens einen Geburiwunsch erfüllen. Happy Birthday!

Temple of Heaven

Bevor wir uns den zahlreichen Sehenswürdigkeiten in der chinesischen Hauptstadt widmen, führt uns unser erster Gang in Beijing zur Botschaft von Myanmar (Burma). Schnell und unkompliziert können wir unseren Visaantrag deponieren. So einfach haben wir es uns nun wirklich nicht vorgestellt! Auf dem Rückweg zur Metro marschieren wir an einem der unzähligen Informationsstände der Olympia-Volenteers vorbei. Da ich immer noch die Hoffnung habe einen Wettkampf der Paralympics live verfolgen zu können, frage ich nach, wo man die Tickets kaufen kann. Ein paar Minuten später stehen wir schliesslich bei einer der offiziellen Vorverkaufsstelle und warten und warten und warten. Als ich nach fast zwei Stunden endlich an der Reihe bin, will die Schalterdame prompt unsere Pässe sehen. Erst nach langen Erklärungsversuchen warum diese auf der burmesischen Botschaft sind und wir nur mit einer Passkopie, dem entsprechenden Beleg und der ID hier aufgetaucht sind, wird uns doch noch ein Ticket verkauft. Der Rest ist (kommunistischer) Papierkrieg pur. Sechs Formulare und dreissig Minuten später halten wir die begehrten Dinger endlich in den Händen. Judihui, nächsten Dienstag sind wir im Leichtathletikstadion! Den Nachmittag verbringen wir im Temple of Heaven. Die Anlage ist wirklich toll und zählt nicht umsonst zum Weltkulturerbe. Vor allem die 39 Meter Hohe und ausschliesslich aus Holz bestehende Hall of Prayer for Good Harvest ist eindrücklich. Im Park der Anlage stossen wir überall auf ältere Leute, die zusammen musizieren und tanzen. Nur knapp kann ich die Chinesin, die mich unbedingt zum Tanzen verführen will, abwimmeln. Meine Tanzkünste passen definitiv nicht hierhin… Auf dem Rückweg zum Hotel fällt uns auf, dass alle Strassenzüge restauriert, präpariert und besonders aufgeräumt wirken. Es scheint, als ob wirklich alles getan wurde, damit der westliche Olympiatourist Beijing nur von der allerbesten Seite zu Gesicht bekommt. Wo früher der Blick auf typisch chinesische Quartier gefallen wäre, stehen heute graue Mauern oder provisorischen Abschrankungen. Wir sind froh, dass wenigstens unser Quartier noch einigermassen authentisch geblieben ist.

Summer Palace

Beijing kann wahrlich als Paradies für alle Unesco Welterbe-Freaks bezeichnet werden. Sowohl in der Stadt als auch der näheren Umgebung reihen sich die historischen Stätten praktisch aneinander. Auch der Summer Palace, den wir heute besuchen wollen, gehört dazu. Da heute Samstag ist, sind wir nicht ganz die einzigen, die sich die Sommerresidenz der grossen Dynastien anschauen wollen. Überall werden wir auf Schritt und Tritt von den Ameisen (Odi’s neue Lieblingsbezeichnung für die Chinesen…) begleitet. Zum Glück ist die Anlage riesig, so dass sich die Menschenmassen doch noch etwas verteilen. Auf der Rückfahrt werden wir Zeuge, des doch enormen Verkehrsaufkommen in Beijing. Für die Strecke von 15 Kilometer brauchen wir geschlagen hundert Minuten! Wenigstens haben wir uns im Bus einen der raren Sitzplatz ergattert und müssen nicht wie die Mehrheit Haut an Haut zusammengepfercht im Gang stehen. Als wir bei der Endstation in der Nähe unseres Hostels aussteigen, ist alles abgesperrt und überall steht die Polizei herum. Parallel zur Eröffnungsfeier der Paralympics wird hier heute Abend ein Feuerwerk gezündet Da wir für heute schon genug Ameisen um uns gehabt haben, verziehen wir uns lieber in ein stilles Restaurant. Die vielen Leute können einem doch ganz schön zusetzen…, gell Herr Odermatt!

Auf der grossen Mauer

Obwohl heute Sonntag ist und Petrus ganz fest vom Himmel weint, ist Odi voller Tatendrang und zwingt mich praktisch zum Aufstehen. Nach einer kurzen Wetteranalyse von Wetterfrosch Odermatt alias Bucheli sitzen wir dann kurze Zeit später auch schon in einem Bus Richtung Grosse Mauer. Da man nur mit den offiziellen Anbieter an einem Tag die Mauer und die Ming Tombs gleichzeitig besuchen kann, machen wir es uns heute wieder einmal einfach und lassen uns durch die Gegend chauffieren. Bevor wir allerdings eines der beiden Weltkulturerbe zu Gesicht bekommen, erwartet uns ein Halt bei einem riesigen Jade-Souvenirshop, wo uns auch gleich das hässliche Mittagessen vorgesetzt wird. Erst nachdem das Pflichtprogramm erfüllt ist, geht es endlich zur Kür. Bei den Ming Tombs schauen wir uns das Grab von König Dingling und seinen Frauen an. Auch hier kann man die riesigen aus Marmor gebauten Grabkammern unterirdisch besuchen. Da wir nun aber doch schon einige Gräber in China gesehen haben, ist unser Urteil rasch gefällt: interessant, aber immer wieder das Selbe! Auf der kurzen Fahrt nach Badaling können wir einen ersten Blick auf das wohl berühmteste Bauwerk von ganz China erhaschen. Die Aufregung im Bus steigt von Minute zu Minute und als wir auf dem Parkplatz vorfahren, stürmen die Ameisen richtiggehend aus dem Bus zu ihrer Mauer. Damit wir die Zeit optimal nutzen können, lassen wir uns von einem klapprigen Bähndli ein paar Höhenmeter nach oben bringen und wandern danach zwei Stunden zurück zum Parkplatz. Je weiter wir uns entfernen, desto ruhiger und idyllischer wird das Mauererlebnis. Das Bauwerk ist mit einer Länge von 6700 Kilometer wirklich bombastisch. Soweit der Horizont reicht schlängelt sie sich über unzählige Hügel durch das Hinterland von Beijing. Wir sind froh, dass wir uns noch einen zweiten Tag für einen weiteren Besuch an einer anderen Stelle reserviert haben! Übrigens haben sich die Prognosen von Wetterfrosch Odermatt tatsächlich bewahrheitet. Kaum sassen wir heute morgen im Bus, haben wir keinen einzigen Tropfen mehr abbekommen!

Forbidden City

Der alleinige Planet meint, dass man für den Besuch der Forbidden City mindestens einen halben Tag einplanen sollte. Wir nehmen uns diesen Ratschlag zu Herzen und erklären das Monsterbauwerk zu unserem primären Tagesziel. Doch zuerst stossen wir in einer Einkaufsstrasse auf einen 2-Yuan-Shop (30-Rappen-Shop). Bei diesem Anblick bekommt Odi  beinahe feuchte Augen, kann er so doch ohne zu handeln zum einheimischen Preis allerlei Ramsch kaufen. Auf dem weltweit grössten Platz, dem Tiananmen Square, steht das Mausoleum von Mao. Doch wie immer wenn wir in einem neuen Land an einem Mausoelum vorbei kommen, ist dieses geschlossen. Durch das Tor mit seinem Portrait nähern wir uns stattdessen dem letzten Unesco Welterbe von Beijing. Während fast 500 Jahren hat sowohl die Ming- als auch die Qing-Dynastie bis 1911 das Land von hier aus regiert. Die verbotene Stadt durften nur Auserwählte betreten und war selbst innerhalb nochmals in einen äusseren und inneren Bereich unterteilt. Wir verbringen ganze fünf Stunden in der Forbidden City und werden bei der Schliessung praktisch vor die Türen gesetzt. Seit heute wissen wir endlich auch, warum wir in China so gerne fotografiert werden. Genau wie für uns alle Asiaten gleich aussehen, sehen auch wir Westler für alle Chinese gleich aus. Und da die Stars aus Hollywood die einzigen Westler sind, die man hier regelmässig im TV zu Gesicht bekommt, sehen folgerichtig alle Westler wie Hollywood-Stars aus! Schade ist nur, dass unsere Brieftaschen nicht ganz der Version Hollywood gleichen…

Paralympics

Odi’s Tag fängt denkbar schlecht an. Seine erste Tat führt zu einer vollständigen Verstopfung unseres WC. Das Problem ist derart akut, dass sich drei Hostelmitarbeiter während einer halben Stunde damit beschäftigen müssen. Bevor wir wieder bei der burmesischen Botschaft vortraben dürfen, machen wir einen kurzen Umweg zum Drum- und Bell-Tower sowie in die benachbarte Altstadt. Da die beiden Türme temporär geschlossen sind, wird uns die Entscheidung einer allfälligen Besteigung abgenommen. Stattdessen machen wir uns auf die Suche nach ein paar typischen alten Strassenzügen à la Shanghai. Leider werden wir nicht fündig und treffen nur auf die in der ganzen Stadt zu findenden restaurierten Häuser im Einheitslook. Die Häuser bestechen alle mit einem hässlichen Grauton und sind mit einer Art Ziegelstein-Badezimmer Plättli verputzt. Mit einem neuen Visa im Pass ist es schliesslich an der Zeit Richtung Olympiagelände aufzubrechen. Bevor wir das letzte Stück zum National Stadion mit der Metro in Angriff nehmen können, müssen wir bereits durch die Sicherheitskontrolle. Obwohl es wieder tausende von Ameisen hat, geht alles recht zügig voran und wir sind bald drin. Einzig, dass wir von jeder Packung Futter in unserem Rucksack vor dem Sicherheitsbeamten einen Biss nehmen müssen, ist für uns doch etwas ungewohnt. Ein paar Minuten später stehen wir schliesslich vor dem National Stadium und erblicken die olympische Flamme. Meine Wenigkeit ist ziemlich aus dem Häuschen bei diesem Anblick und kann ein paar Freudenträne kaum zurück halten. Heute bin ich es, die vor dieser Kulisse die Chinesen bittet mit mir für ein Foto zu posieren! Im Stadion können wir sitzen wo wir wollen und da wir noch recht früh dran sind, finden wir einen guten Platz irgendwo in der Mitte. Zu unserer Überraschung füllt sich das Stadion praktisch bis auf den letzten Platz. 91’000 Ameisen zwischen 0 und 99 Jahren sind tatsächlich heute Abend hierhin gekommen, um die Parathleten zu unterstützen. Entsprechend ist auch die Stimmung im Stadion sehr gut. Vor allem die chinesischen Athleten werden regelrecht zu Höchstleistungen geschrien. Wir versuchen uns daneben bei den im Einsatz stehenden Schweizer wenigstens ein bisschen Gehör zu verschaffen. Doch wie bei der Olympiade bekommen wir auch heute Abend vor allem die chinesische Hymne, die jeder voller Stolz mitsingt, zu hören. So gesittet wie heute Abend haben wir die Chinesen übrigens noch nie erlebt. Wie durch ein Wunder benehmen sich alle äusserst erzogen und anständig. Auch die Heimfahrt in der Metro klappt ohne Probleme. Die Massen werden sinnvoll kanalisiert und sind im Nu weggeschafft. Nur zwei Stunden nach dem letzten Wettkampf liegen wir im Hostel am anderen Ende der Stadt im Bett. Viel zu schnell ist mein Paralympic-Erlebnis schon wieder vorbei!

Beijing, National Stadium

Wer schon einmal in Asien war, weiss, dass es hier um die Behindertenfreundlichkeit nicht zum Besten steht. Mindestens in Beijing könnte dies nun aber ändern. Schon seit Wochen brüsten sich die Chinesen im Staatsfernsehen damit, wie hier alles im Nu auf behinderten tauglich umgebaut wurde. Was bei uns im Gesetz verankert ist, hat man hier bis dato vergebens gesucht. Es bleibt die Hoffnung, dass nach den Spielen nicht wieder alles abmontiert wird und die Behinderten auch weiterhin die Beachtung bekommen, die ihnen im Moment entgegengebracht wird!

Blauer Himmel über Beijing

Der stets graue Himmel hat meinen Fotografen in den letzten vier Wochen doch öfters zu ein paar unschönen Worten hinreissen lassen. Kein Wunder reicht der Satz „Blauer Himmel über Beijing“ heute aus, um ihn im Nu aus dem Bett zu locken. Schliesslich gibt es diesen Anblick in der Hauptstadt nur an durchschnittlich jedem zehnten Tag zu bewundern! Während ich doch noch zu meinem Besuch im Maosoleum komme, fotografiert Odi lieber den Platz des himmlischen Friedens. Nachdem wir auch von der Forbidden City ein paar blaue Fotos im Kasten haben, spazieren wir durch das umliegende Quartier. Dabei finden wir doch noch ein paar ältere Häuser sowie die teure und für unseren Geschmack zu chice Backpacker-Street von Beijing. An mehreren Seen entlang geht es weiter Richtung Metro. Wir können unseren Augen kaum glauben, als wir in einer dieser Kloaken tatsächlich mehrere ältere Männer beim Schwimmen entdecken. Niemand könnten uns zu einem Sprung in diese grün-braune Flüssigkeit überreden! Zum z’Nacht gibt es zu unserer Freude wieder einmal eine Premiere. Wir haben ein kleines Restaurant gefunden, das Esel kocht. Wir sind überrascht, wie hervorragend das Teil schmeckt! Den Rest des Abends verbringen wir mit vier Holländern bei einer doch recht feucht fröhlichen Party. Hoffentlich müssen wir morgen nicht zu viel dafür büssen…

Das Drama das Tages hat sich heute auf einem Stehklo irgendwo in Beijing ereignet, wo meine Sonnenbrille nach treuen Diensten den Weg in das Abflussrohr gefunden hat. Leider konnte das gute Teil nicht mehr gerettet werden und musste ersetzt werden. Schwups, weg war sie!

Great Wall II

Nachdem wir vor einigen Tagen den Mauerabschnitt mit dem grössten Touristenaufkommen besichtigt haben, fahren wir heute zu einem Platz, der eher selten besucht wird. Auf einem wenig restaurierten Abschnitt kann man hier auf der Mauer zehn Kilometer von einem Ort in den nächsten wandern. Obwohl wir wissen, dass die Busverbindungen dorthin eher dürftig sind, machen wir uns ohne Tour (die Preise sind schlicht eine Frechheit…) frühmorgens alleine auf den Weg. An der Endstation des ersten Busses werden wir beinahe aus dem Bus geschmissen. Nur Dank eines Aussies, dem vor ein paar Minuten das gleiche passiert ist, bleiben wir sitzen und fahren weiter bis zum Busterminal. Selbstverständlich warten auch hier mehrere Hobby-Taxifahrer, die uns unbedingt auf dem letzten Stück fahren wollen. Nachdem wir die Lage so gut als möglich analysiert haben und in der Tat kein anderer Bus zu entdecken ist, steigen wir schliesslich beim dem Fahrer ein, der uns ohne gross zu schreien seine Dienste anbietet. Auch heute haben wir Glück mit dem Wetter und die Wanderung über die Mauer wird zu einem wahren Highlight. Dieser Abschnitt ist wirklich super eindrücklich und wunderschön!

Jinshanling, The Great Wall

Für die Rückfahrt zum Busterminal schliessen sich uns zwei Deutsche an. Die beiden hatten auf der Hinfahrt nicht so viel Glück wie wir und wurden mit einem horrenden Preis ziemlich übers Ohr gehauen. Obwohl sie als auch wir unseren Fahrern erklärt haben, dass sie am Ziel nicht auf uns warten sollen, stehen selbstverständlich beide plötzlich vor uns. Nach einigen Diskussionen willigt unser Fahrer ein, uns alle fünf mitzunehmen. Dies passt jedoch dem anderen Fahrer überhaupt nicht und als wir losfahren wollen, versperrt er uns mit seinem Auto den Weg und bleibt standhaft vor unserem Fahrzeug stehen. Obwohl einige böse Worten fallen und wir ihm androhen die Polizei zu holen, bewegt der Typ seinen Arsch erst wieder weg als er von unserem Fahrer drei Franken bekommt. Wirklich unglaublich, wie dreist die Leute teilweise sind! Ohne weitere Probleme finden wir schliesslich unser Hostel und widmen uns kurze Zeit später müde und erledigt von diesem langen Tag unseren Träumen.

Easy going

Heute gönnen wir uns wieder einmal einen freien Tag. Wir bleiben bis am Mittag im Bett, machen einen kurzen Spaziergang durch das Quartier, veröffentlichen unseren neusten Bericht im Internet und geniessen das süsse Nichtstun bei einem Bierchen oder zwei. Zum z’Nacht gibt es eine chinesische Spezialität, die auf keiner Reise nach Beijing fehlen darf: Peking-Ente! Mmmhhh… aber sauscharf. Da sich unser 30-tägiges Visum langsam aber sicher dem Ende entgegen neigt, fahren wir morgen mit mit dem Zug schlappe 25 Stunden zurück nach Hong Kong. Bye bye China!

Zum Abschluss unser China-Reise noch eine kurze Geschichte über die lieben Chinesen:
Vor dem Beginn der olympischen Spiele wurden die Einwohner von der Regierung angehalten ihre Körperhygiene zu optimieren. Anstatt wie gewohnt einmal in pro Woche das T-Shirt zu wechseln und sich gleichzeitig eine Dusche zu gönnen, kam die Anweisung diesen Intervall auf jeden zweiten Tag zu erhöhen. Diese Anweisung hat auch beinhaltet, dass sich jeder eine Zahnbürste kaufen soll, um diese entsprechend regelmässig einzusetzen. Na ja, nach der Olympiade ist vor der Olympiade und so haben mindestens wir nicht überall von den doch (ausnahmsweise) gut gemeinten Ratschlägen der Regierung gemerkt :-).

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Shanghai

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Höchstgeschwindigkeit 431 km/h!

Bereits um fünf Uhr holt uns der Wecker aus unseren Träumen. Müde kämpfen wir uns aus dem Bett und machen uns auf den Weg an den Flughafen. Auch für den Flughafenbus gilt die Taktik „Fahren, wenn voll“ und wir sind froh, dass wir einige Minuten vor der offiziellen Abfahrtszeit bei der Haltestelle aufkreuzen. Nach zwei Stunden Flug wartet in Shanghai das Highlight des Tages auf uns: der Maglev Train. Mit unglaublichen 431 km/h fahren wir in nur gerade acht Minuten die über 30 Kilometer lange Strecke in die Stadt! Man hat den Eindruck, dass die Autos auf der Autobahn im Vergleich dazu rückwärts fahren. Wirklich unglaublich! Mit der Metro nehmen wir das letzte Stück bis zum Hotel in Angriff. Dort angekommen, erwartet uns eine Überraschung. Da wir bei einer nationalen Hotelkette gebucht haben, die in jeder Stadt mehrere Hotels beheimatet, sind wir prompt am falschen Ort gelandet. Zähneknirschend studieren wir die Stadtkarte und müssen feststellen, dass unser Hotel irgendwo am Stadtrand weit ab von allem liegt. Ja nu, Pech gehabt! Wir ersparen uns die erneute Suche und leisten uns stattdessen ein Taxi, das uns an den südlichen Stadtrand bringt. Im Hotel werden wir empfangen, als wären wir die ersten Touristen seit mindestens zehn Jahren. Auch sonst ist die Unterkunft mehr als okay und die nächste Metrostation ist zum Glück nur fünf Minuten entfernt. Nachdem sich der Ärger über die falsche Hotelbuchung gelegt hat, widmen wir uns dem nächsten Projekt. Es gilt die Weiterfahrt in Richtung Peking zu organisieren und einen entsprechenden Zug zu finden. Am ersten Schalter können wir uns nur in Zeichensprache verständigen. Da wir unsere Zweifel haben, ob wir dann auch wirklich am richtigen Ort landen, versuchen wir es lieber noch an einem zweiten Ort. Und oh Glück, die Dame spricht Englisch und innerhalb von zwei Minuten haben wir unsere Plätze reserviert. Die Dame ist sogar derart flink, dass wir fast ein bisschen überfordert sind und als Folge zwei Plätze in der 1. Klasse buchen. Glücklicherweise ist der Unterschied mit zehn Franken pro Person nicht immens… Da der Abend noch jung ist, wollen wir noch einen Blick auf die Skyline zu werfen. Durch Quartierstrassen mit uralten Häusern spazieren wir dem „Bund“ entgegen. Leider sind wir nicht ganz die einzigen, die von der Riverfront ein Foto schiessen wollen und das Gerangel um einen guten Platz ist entsprechend gross. Wir sind uns einig, dass die Skyline von Shanghai mit der Skyline von Hong Kong nicht mithalten kann. Doch verstecken muss sich auch Shanghai nicht.

Oldtown & Financialdistrict

Den heutigen Tag beginnen wir in der Altstadt von Shanghai. Wie meist sind wir vor allem an den Strassen interessiert, in die es Touristen selten zieht. Wir müssen nicht lange suchen und erhalten bald den gewünschten Einblick in den doch eher chaotischen Alltag der hier lebenden Shanghaier.

China, Shanghai, Ducks

Ein paar Kilometer weiter stossen wir auf die für Touristen präparierte Altstadt. Gegensätzlicher könnten die beiden Quartiere kaum sein. Ein Souvenirladen nach dem anderen reiht sich in kitschig renovierten Häusern aneinander. Da wir nicht wirklich in Shoppinglaune sind, verziehen wir uns bald wieder in die Hintergassen und geniessen stattdessen eine der besten (wenn auch teuersten…) Nudelsuppen der ganzen bisherigen Reise. Ob das an den von Hand geschwungen Nudeln (ein eindrückliches Schauspiel) liegt, können wir mit unseren aktuell doch eher bescheidenen Kochkünsten nicht abschliessend beurteilen… Am „Bund“ angekommen, beschliessen wir aufgrund der vielen Baustellen die Flussseite zu wechseln. Begleitet von einer schrecklichen Neonlicht-Show fahren wir in der Touristenunterführung in den Financialdistrict. Zu Odi’s Freude befindet sich unter den vielen Wolkenkratzer auch das höchste Gebäude von China. Welches nun aber effektiv der gesuchte Jinmao Tower ist, klärt sich erst auf, als wir zwischen dem alten höchsten Gebäude, dem Jinmao Tower, und dem neuen höchsten Gebäude, dem SWFC Tower (Eröffnung übermorgen), stehen. Für heute bleibt uns also somit wie geplant die Besteigung des Jinmao Towers. Und was wir übermorgen machen, sollte spätestens jetzt auch allen klar sein…

Suzhou

Heute steht ein Tagesausflug nach Suzhou auf unserem Programm. Die Stadt ist bekannt für seine uralten chinesische Gärten, die zum Weltkulturerbe gehören. Doch zuerst müssen wir den richtigen Zug dorthin finden. Heute happert es jedoch bereits beim Finden des Bahnhofes… Da wir an der Metrostation am Bahnhof einfach mal drauflos latschen, erwischen wir glatt den Ausgang auf der Rückseite des Bahnhofes. Was in unseren Breitengraden kein Problem ist – schliesslich gibt es ja überall Eingänge – entpuppt sich hier als echte Herausforderung. Schlussendlich laufen wir einen 30-minütigen Umweg über unzählige Strassenverzweigungen und Baustellen, um doch noch irgendwie auf die Vorderseite des Bahnhofes zu gelangen. Grrrr…, Shanghai ist wirklich alles andere als Fussgängerfreundlich! Zur Entschädigung schaffen wir es dafür auf Anhieb ein Ticket zu lösen und finden ebenfalls im ersten Versuch den richtigen Zug in absoluter Rekordzeit. Da da die Sitzplätze bereits alle ausverkauft waren und wir nur noch ein Stehplatzticket in der 1. Klasse kaufen konnten, machen wir es uns im Gang so bequem. Mit 200 km/h brausen wir in einem top modernen Zug pünktlich Suzhou entgegen. So einfach haben wir uns das Zugfahren in China nun wirklich nicht vorgestellt. In Suzhou werden wir von nass grauem Wetter empfangen. Trotz Regen besuchen wir drei der insgesamt sechs berühmten Gärten. Als wir genug Fotos im Kasten haben und genug nass sind, machen wir uns wieder auf den Rückweg zum Bahnhof. Da das Zugfahren heute morgen fast zu einfach war, beschliessen wir beim Busterminal spontan uns auf der Rückfahrt dem Busfahren zu stellen. Auch dies könnte einfacher nicht sein und einige Minuten später sitzen wir im richtigen Bus nach Shanghai. Was sich unserer Logik allerdings entzieht, ist die Tatsache, dass die Busfahrt vier Mal länger dauert und 50 Rappen mehr kostet…

Die ersten Schweizer auf dem SWFC

Am Morgen widme ich mich der Tatsache, dass sich unsere Reise langsam aber sicher dem Ende entgegen neigt und schreibe die erste Bewerbung. Als auch noch alle Mails beantwortet, der neuste Klatsch im Facebook studiert sowie die nächste Tauchdestination ausgesucht ist, verlassen wir das Hotel in Richtung SWFC Tower. Ihr werdet es kaum glauben, aber Odi steht tatsächlich fast zwei Stunden Schlange, um die neue Nummer zwei der Welt in Sachen Wolkenkratzer, von uns auf den Namen „Flaschenöffner“ getauft, am Eröffnungstag besteigen zu können! Mit der Einbildung, dass wir ganz bestimmt die ersten Schweizer hier oben sind, stehen wir irgendwann im höchstes Observatorium der Welt und geniessen aus 474 Meter den doch recht smogigen Ausblick auf die Stadt. Nach einem kurzen Abstecher zum People’s Square drängeln wir uns einmal mehr in die aus allen Nähten platzende Metro. Bis jetzt haben wir noch keine Metrofahrt erlebt, in der wir uns nicht wie in der Rushhour gefühlt haben. Hier geht es zu jeder Tages- und Nachtzeit zu und her wie bei uns an einem nationalen Grossanlass im Wankdorf. Wir sind vor allem fasziniert vom andauernden Kampf um die Sitzplätze. Die Mehrheit der Passagier wirft sich buchstäblich auf die frei werdenden Plätze. Kollisionen und lautes Geschrei sind folgerichtig keine Seltenheit und wahrscheinlich ist es das Highlight des Tages, wenn man zur Abwechslung einmal sitzend durch die Stadt fahren kann. Auch beim Ein- und Aussteigen gibt es kein System. Man steigt grundsätzlich gleichzeitig aus und ein. Für uns ist fast es ein Wunder, dass trotzdem alles wunderbar zu funktionieren scheint.

Andere Länder, andere Sitten

Was machen die Einwohner in weltweit jeder Stadt an einem verregneten Sonntag? Genau, sie schnappen sich den Schirm, spazieren um doch noch etwas frische Luft zu schnappen durch das Quartier und verbringen den Rest des Tages in der trockenen Stube. Unsere Stadt ist immer noch Shanghai, unsere Quartiere heissen „French Concession“ und „Oldtown“ und unsere Stube ist das Hotelzimmer.

China, Shanghai, Maos

Da es vom heutigen Tag nicht viel mehr zu berichten gibt, nachfolgend eine Rangliste zum Thema „Andere Länder, andere Sitten“ oder „Chinesisches Verhalten auf Kollisionskurs mit westlichem Anstandsdenken“:

  1. „A Bode chodere“ – Dies kann selbstverständlich überall und jederzeit erledigt werden. Also auch in der Metro, im Einkaufszentrum, in öffentlichen Gebäuden, im Lift, usw.
  2. „Überau häre pisse“ – Es ist grundsätzlich zu viel verlangt einige Meter zu marschieren, um eine öffentliche Toilette (die sind in China recht häufig anzutreffen) oder einen nahen Busch aufzusuchen. Nicht nur die Kinder erledigen ihr Geschäft dort wo es gerade am einfachsten geht.
  3. „Uf d’Strass sch…ä“ – Ja, auch dies haben wir gesehen!
  4. „Gredi use niese“ – Achtung Dusche! Keiner hält sich hier die Hand vor den Mund.
  5. „Ufe Bode schnüze“ – Taschentücher sind hier ein Luxusprodukt, darum wird die Nase ohne Taschentuch direkt auf die Strasse entleert. Komisch ist nur, dass es als unanständig gilt sich am Tisch die Nase zu putzen.
  6. „Überau häre chotze“ – Irgendwie wird es den Chinesen ziemlich oft und überall schlecht.
  7. „Aus a Bode gheie“ – Obwohl überall Abfalleimer stehen, wird alles direkt auf den Boden entsorgt. Zum Glück gibt es ganz viele fleissige Heinzelmännchen, die wenigstens für ein bisschen Ordnung sorgen.
  8. „Grüschvou gredi use furze“ – Na ja, an der frischen Luft ist dies ja noch ganz in Ordnung, aber sonst…
  9. „Lut use gorbse“ – Gehört hier zu jedem guten Essen dazu.
  10. „Schmatze was es ma häbe“ – Chinesisches Essen schmeckt nur mit dem passenden Unterton. Odi praktiziert dies mittlerweile auch schon ausgiebig.

Pleiten, Pech und zum Glück keine Pannen

Beim Auschecken im Hotel verbraten wir heute morgen als erstes 30 Minuten mit unnötigen Diskussionen. Das Personal hat noch nie davon gehört, dass man ihr Hotel im Internet buchen kann und entsprechend weiss auch niemand, dass wir dort schon 10 % der Rechnung im voraus bezahlt haben. Obwohl wir ihnen den Voucher nochmals zeigen und im Internet die Buchungsseite erklären, beharren sie auf dem vollen Betrag. Da die Zeit bis zur Zugsabfahrt immer knapper wird, müssen wir uns nach einer halben Stunde wohl oder übel geschlagen geben und erfolglos das Feld räumen. Um unsere Nerven nicht zu fest zu schonen, bleibt die Metro auf der Fahrt an den Bahnhof prompt zwei Mal sehr lange irgendwo im Tunnel stehen. Irgendwie schaffen wir es aber dann doch bis an den Bahnhof, wo die Wagen tatsächlich ausrangiert werden. Da man in China nicht wie bei uns zwei Minuten vor Abfahrt noch in den Bahnhof springen kann (gell Stuvi), müssen wir uns aber weiter beeilen. Mindestens zwanzig Minuten vor Abfahrt hat man hier nämlich Zwecks Sicherheitskontrollen und Einsteigeprozedere am Bahnhof zu erscheinen. Irgendwie schaffen wir es innert nützlicher Frist durch das Gedränge sowie die Kontrollen und sitzen kurze Zeit später im Zug Richtung Peking. Uff, das ist ja gerade nochmals gut gegangen… In knapp sechs Stunden fahren wir in einem mit einem zum ICE vergleichbaren Zug in das 700 Kilometer entfernte Yanzhou. Kleines Detail am Rande: in der letzten Fahrtstunde zählen wir in Fahrtrichtung links nur gerade zwanzig AKW’s… Für die letzten paar Kilometer müssen wir in einen Minibus umsteigen, bevor wir Qufu, unser Tagesziel, schliesslich erreichen. Ausnahmsweise lassen wir uns heute von einem „Müeti“ anquatschen und finden so rasch und unkompliziert ein Nachtlager. Nach einem ersten Stadtrundgang, stopfen wir unsere Löcher in der Magengegend (ich esse tatsächlich zum ersten Mal seit wir in China sind Reis…) und gehen früh zu Bett.

In der Heimat von Konfuzius

Qufu ist die Heimatstadt von Konfuzius. Hier wurde der Meister geboren, hier gab er seine Weisheiten weiter und hier starb er im Alter von 78 Jahren, ohne je zu erfahren, wie berühmt er einmal weltweit sein wird. Seine Weisheiten wurden zu seinem Pech erst nach seinem Tod richtig populär. Heute ist Qufu ein kleines (schlappe 88’000 Einwohner leben hier…) verschlafenes und sympathisches Dorf, das vor allem Inlandtouristen zu den Wurzeln von Konfuzius lockt. Wir haben dank der Unesco den Weg hierhin gefunden. Neben dem Tempel von Konfuzius zählen auch die Wohnanlage und der Friedhof zur Familie der Unesco Weltkulturerbe. Nachdem wir alle drei Lokalitäten besichtigt haben, fahren mit dem Bus in die nächste Stadt, Tai’an. Aus lauter Bequemlichkeit und weil es gestern so gut geklappt hat, lassen wir uns auch heute von einem Grosi in ein Hotel bringen. Am Schluss sind alle happy: wir logieren in einem billigen Zimmer neben dem Bahnhof, das Grosi hat ein paar Yuan verdient und das Hotel hat zwei neue Gäste gewonnen. Am Bahnhof stossen wir schliesslich auch gleich auf Anhieb auf die wohl einzigen zwei englisch sprechenden Personen im Umkreis von zehn Kilometern. Jedenfalls bekommen wir ohne Probleme unsere gewünschte  Fahrkarte für die Weiterfahrt nach Peking sowie alle Informationen für die morgige Besteigung des Mount Tai Schan. Als Einstimmung auf den Hausberg machen wir noch einen Spaziergang zum Dai Temple, welcher als Tor zum heiligen Berg gilt. Zum ersten Mal haben wir in China den Eindruck, dass das Preis-/Leistungsverhältnis wirklich stimmt. Für eine minimale Eintrittsgebühr bekommen wir eine tolle Tempelanlage zu Gesicht, in welcher wir eine ganze Weile verweilen bevor wir uns im Hotel physisch und psychisch auf die morgige Besteigung des Mount Tai Shan vorbereiten.

Mount Tai Shan

Wie wir bereits am Mount Hua Shan gelernt haben, kann wandern in China mit Treppensteigen gleichgesetzt werden. Auch heute erwarten uns wieder 6660 Stufen bis zum Gipfel des Mount Tai Shan. Der Hausberg von Tai’an zählt zum Weltkulturerbe und gilt gleichzeitig als heiligster taoistischer Berg in China. Ihm eilt zudem die Legende voraus, dass jeder der eigenhändig den Berg besteigt, mindestens hundert Jahre alt wird. Genug Gründe, um uns der Herausforderung zu stellen und frühmorgens los zu kraxeln. Obwohl es noch nicht allzu heiss ist, sind wir schon nach ein paar Minuten schweissnass. Unterwegs werden wir immer wieder von irgendwelchen Chinesen fotografiert. Alle scheinen sehr erfreut, dass wir die Strapazen auch in Angriff genommen haben und werfen uns immer wieder ein schüchternes „Hello“ zu. Auch ein uralter, fast blinder Mönch umarmt uns unterwegs und wünscht uns alles Gute für den Aufstieg. Dass der Typ noch zehn Mal mehr stinkt als wir, nehmen wir lächelnd zur Kenntnis…

China, Tai Shan, South Gate to Heaven

Nach 3,5 Stunden haben wir es geschafft und den Gipfel erreicht. Die Aussicht auf dem Berg ist nicht schlecht, jedoch ist die Szenerie in keiner Weise mit dem Panorama auf dem Mount Hau Shan zu vergleichen. Nachdem wir uns alle Tempel angesehen und die Aussicht genug genossen haben, beschliessen wir wieder ins Tal zu marschieren. Odis Knie machen diesen Spass immerhin bis zur Mittelstation mit, wo wir schliesslich auf den Bus umsteigen, der uns in die Stadt bringt. Der Rest des Tages ist schnell erzählt: müde, Bett, schlafen!

Hier sind noch die Bilder